Arbeitgeberverbände Siegen-Wittgenstein

Industrie in Siegen-Wittgenstein kränkelt

Die Unternehmen in der heimischen Metall- und Elektroindustrie blicken gebannt auf die Bundestagswahl am 23. Februar und die sich daraus ergebenden Mehrheitsverhältnisse. Das ist eines der Ergebnisse aus der Konjunkturumfrage zum Ende des Jahres 2024. „Die Unternehmen haben uns in ihren Antworten das gespiegelt, was wir Verbände seit Monaten, wenn nicht Jahren, landauf, landab propagieren“, schlussfolgert Dr. Thorsten Doublet, Geschäftsführer des Verbandes der Siegerländer Metallindustriellen (VdSM).

Denn neben der Beantwortung der „Standardfragen“ zur momentanen Lage im Betrieb gab es so viele ausführliche Wortmeldungen zur (schlechten) momentanen Lage wie nie zuvor. Das Bedenkliche: Nicht ein einziger Geschäftsführer hat in seinem Statement positive Erkenntnisse geäußert. Ein Beispiel aus den anonymisierten Ergebnissen: „Wir sind, wie immer, auf uns alleingestellt und müssen mithilfe von Investitionen und intelligentem Liquiditätsmanagement dafür Sorge tragen, dass unsere Beschäftigten auch weiterhin in Lohn und Brot stehen.“

Entlassungen und Kurzarbeit geplant

Das beweist die hohe soziale Verantwortung, die die heimischen größtenteils familiär geführten Mittelständler für ihre Belegschaft in Siegen-Wittgenstein empfinden. Und dennoch geht die dauerhafte Krise nicht mehr spurlos an der Personalplanung vorbei. 33 Prozent der befragten Unternehmen planen Entlassungen in den kommenden sechs Monaten, 26 Prozent haben im zurückliegenden Jahr bereits Personal freisetzen müssen. Vor Jahresfrist war die Konjunkturumfrage schon so schlecht ausgefallen wie noch nie zuvor, damals lagen die Zahlen für geplante oder zurückliegende Entlassungen jeweils bei 21 Prozent. Auf hohem Niveau bleibt das Instrument der Kurzarbeit. Fast zwei Drittel der Unternehmen erwarten, es in den kommenden sechs Monaten beantragen zu müssen, 22 Prozent haben es in den vergangenen sechs Monaten eingesetzt. „Bei allen wirtschafts- und sozialpolitischen Problemen sehen wir die Kurzarbeit als eine gute und unverzichtbare Errungenschaft in der Bundesrepublik“, lobt VdSM-Vorsitzender Christian F. Kocherscheidt: „Andere Länder beneiden uns darum!“

Viele setzen nun auf eine Änderung der Wirtschaftspolitik mit Bürokratieabbau sowie eine Senkung der Lohnnebenkosten und der Energiepreise. Das ist auch bitter nötig, denn die Ertragslage beurteilen 61 Prozent der Umfrageteilnehmer als schlecht, nur noch 9 Prozent als wirklich gut. „Auftragsmangel, zu hohe Kostenbelastung und Überregulierung brauen sich zu einem Giftcocktail zusammen, unter dem Unternehmen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ächzen“, beklagt der VdSM-Vorsitzende Christian F. Kocherscheidt.

An der diesjährigen Konjunkturumfrage, die der Landesverband METALL NRW im Auftrag des VdSM durchführte, nahmen 46 Betriebe mit über 10.000 Beschäftigten teil.

Fast 50 Prozent klagen über schlechte Geschäftslage

Die vor zwölf Monaten schon schlechten Angaben zur aktuellen Geschäftslage haben sich nicht verändert. Zwar geben jetzt 9 statt 6 Prozent der befragten Unternehmen an, mit der Geschäftslage zufrieden zu sein, dafür hat sich der Anteil der Firmen mit negativer Einschätzung noch einmal verschlechtert (47 Prozent, 2023: 39 Prozent). Kleiner Silberstreif am Horizont: nachdem im vergangenen Jahr kein einziges befragtes Unternehmen eine Verbesserung der Geschäftslage erwartete, tun das aktuell wieder 9 Prozent.

Beängstigend sind die Zahlen im Bezug auf die aktuelle Auftragslage. Hier sprechen aktuell 70 Prozent der Unternehmen von einer schlechten Situation im Inland (2023: 61 Prozent). Etwas besser, nämlich ganz ähnlich wie im Vorjahr, ist die Auftragslage im Ausland. Die Erwartungen zur Auftragslage in den kommenden sechs Monaten haben sich leicht verbessert. Während 2023 kein einziger Umfrageteilnehmer eine bessere Erwartung für das Inland äußerte, sind es jetzt wieder 9 Prozent. Für das Ausland wuchs die positive Erwartung von 3 auf 10 Prozent. Das kann freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass für das Inland über die Hälfte der befragten Unternehmen mit einer noch schlechteren Auftragslage für die Zukunft rechnet.

Text: Jan Krumnow, Foto: Julia Förster